Schon so manche große oder kleine deutsche Bauträgerfirma wollte ein Stückchen vom boomenden Immobilienmark an der Costa Blanca abhaben.
Viele mussten jedoch feststellen, dass Spanien auch in rechtlicher Hinsicht ‘different’ ist, ganz wie in den Reisebroschüren. Langjährige in Deutschland gemachte Erfahrungen sind auf Spanien nur bedingt zu übertragen.
Gerade der Haftungsumfang für promotores sorgt immer wieder für böse Überraschungen. Ein neues Gesetz vom 1. Juli 2005 birgt viele Risiken. Versteckt in der spanischen Abgabenverordnung ist an diesem Tag eine praxisrelevante Regelung in Kraft getreten. Danach haftet der Bauträger für die Steuerschulden seines Bauunternehmers oder Subunternehmers.
Im Visier sind vor allem Schulden für eine nicht abgeführte Umsatzsteuer IVA oder die Einkommenssteuer der beschäftigten Arbeitnehmer. Der Hintergrund dieser aus dem Arbeitsrecht übernommenen Regelung ist das Bestreben des spanischen Staates, der Praxis einiger Bau- und Subunternehmer einen Riegel vorzuschieben. Viele nämlich gründen Firmen mit dem einzigen Zweck, diese nach getaner Arbeit sofort wieder aufzulösen, um sich dadurch aus der Steuerpflicht zu stehlen. Effiziente Kontrollen durch die spanischen Finanzbehörden sind nur schwer durchzuführen. Der Staat stellt nun, wie so oft, nicht auf den Steuerpflichtigen ab, sondern erweitert die Pflichten des Vertragspartners.
Zertifikat ist notwendig
Eine Haftung kann man nur umgehen, wenn man sich vom Subunternehmer ein gültiges Zertifikat der Finanzverwaltung vorlegen lässt, aus dem hervorgeht, dass die steuerlichen Verpflichtungen vor Rechnungslegung durch den Auftraggeber erfüllt worden sind. Alle Bauträger sollten in Zukunft deshalb in ihren Verträgen die Zahlung vom Vorliegen dieser Bescheinigung abhängig machen. Das neue Gesetz bestimmt leider nicht, wer Subunternehmer ist, statuiert eine Haftung für alle Steuerschulden desjenigen, der Dienstleistungen erbringt, die «im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Hauptbeschäftigung des Auftraggebers stehen». Die Auslegung dieser Generalklausel wird sicherlich noch die Gerichte beschäftigen.
Aber auch wegen Baumängeln, die der beauftragte Bau- oder Subunternehmer verursacht hat, steht der Bauträger in Spanien immer mit einem Bein im Gerichtssaal. Die Spanier geben jährlich 6,6 Milliarden Euro für den Kauf von Wohnungen aus und stehen in Europa damit an vierter Stelle. Dennoch wird in Spanien leider immer noch nicht besser gebaut. Hinsichtlich der Bauqualität liegt Spanien auf dem vorletzten Platz der europaweiten Statistik.
Wegen eines Mangels am Bau nimmt man hierzulande immer zunächst den Bauträger in die Pflicht. Dieser wiederum kann dann den Bauträger in Regress nehmen. Anders als in Deutschland besteht in Spanien eine so genannte Gesamtschuld der am Bau beteiligten Personen, wenn der Anteil der Verursachungsbeiträge für einen Schaden oder der Grad eines Verschuldens nicht ermittelt werden kann. In der Praxis ist das nur selten der Fall. In Spanien wird deswegen von einer Beteiligung des Bauträgers an der Entstehung der Mängel ausgegangen, in Deutschland muss der Auftraggeber jedem einzelnen Beteiligten ein Pflichtverletzung nachweisen. In diesem Zusammenhang ist auf eine erhebliche Rechtsunsicherheit in Spanien hinzuweisen, denn das spanische Recht regelt die Haftung des Bauträgers im Código Civil und im LOE (Gesetz über die Regelung der Bebauung). Die Beziehung zwischen den beiden Gesetzen und ihre Gewichtung ist höchst umstritten, die Unterschiede sind erheblich, es wird von Fall zu Fall entschieden, ob der Código Civil oder das LOE angewendet wird.
Wendet der Richter die allgemeinen Vorschriften aus dem Código Civil an, bedeutet dies für den Bauträger, dass er erst einmal für den gesamten Schaden haften muss und, wenn er sein Recht bekommen will, einen weiteren Prozess gegen den tatsächlichen Schadensverursacher führen muss. Neben den Beweisschwierigkeiten besteht zudem das Risiko sich widersprechender Urteile.
Wendet der Richter hingegen das LOE an, so kann der Bauträger den Schadensverursacher direkt in seinen Prozess mit einbeziehen. Dass die spanischen Bauträger in der Regel noch ruhig schlafen können, liegt vor allem an der Tatsache, dass hierzulande die Streitkultur noch nicht so ausgeprägt ist. Gegen Baumängel ziehen die Spanier nur selten vor Gericht. Und falls sie trotzdem bereit sind, diesen Weg einzuschlagen, dann müssen sie sich auf einen langen Weg durch die Instanzen gefasst machen.
Spanier klagen weniger
Sollte ein Bauträger dennoch verklagt werden, herrscht beim unzufriedenen Kunden oftmals der Eindruck vor, als hätten die Bauträger vorgesorgt. Denn diese Firmen operieren überwiegend in der Rechtsform einer GmbH (spanisch: S.L.), um sich dadurch mit einer meist auf 3.006 Euro beschränkten Haftung abzusichern. Dabei wird oft übersehen, dass der Geschäftsführer ( Administrador) auch unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen haften kann. Das ist der Fall, wenn zum Beispiel die obligatorischen Versicherungen nicht abgeschlossen werden und die 3.006 Euro Stammkapital für den Schadensersatz nicht ausreichen. Schließlich besteht in Einzelfällen sogar die Möglichkeit des Durchgriffs auf meist völlig unbeteiligte Gesellschafter. Das wird dann das ‘Lüften des Schleiers’ ( levantamiento de velo) genannt.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus Auswandern nach Spanien 2.